Phono-semantische Angleichung
Phono-semantische Angleichung (PSA) ist ein Begriff der Sprachwissenschaft, der von Ghil’ad Zuckermann von der Universität Adelaide eingeführt wurde.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gemeint ist damit ein getarntes Entlehnen, bei dem ein Fremdwort mit einer phonetisch und semantisch ähnlichen, bereits existenten autochthonen Wurzel oder einem solchen Wort abgestimmt wird. Dementsprechend kann PSA alternativ auch definiert werden als die Einführung eines Neologismus, der sowohl die Bedeutung als auch den ungefähren Klang eines parallelen Ausdrucks der QS (Quellsprache, Source Language) bewahrt und dafür bereits existente Lexeme oder Wurzeln der ZS (Zielsprache, Target Language) benutzt.
PSA reflektiert kulturelle und soziale Wechselwirkungen und offenbart oft die Versuche einer Kultur, ihre Identität zu bewahren, wenn sie mit übermächtigen fremden (z. B. amerikanischen) Einflüssen konfrontiert ist, ohne sich diesen zu verschließen. In diesem neuen Jahrtausend machen Kommunikationstechnologien den immer stärker werdenden Kontakt zwischen Kulturen und Sprachen immer einfacher. Unter dem Einfluss von Satellitenfernsehen und Internet erreicht die Mobilität des Wortes ein bisher nicht gekanntes Ausmaß.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das englische Wort dubbing (dt. Synchronisation, bei Film, Fernsehen etc.) wurde auf dem Weg ins Ivrit zu דיבוב dibúv transformiert, das ein neues Semem zum bereits existierenden Hebräischen דבוב dibbūv hinzufügte, einem Wort, das etymologisch nicht mit dubbing verwandt, diesem aber in Bedeutung und Klang praktischerweise sehr ähnlich ist.
Die deutsche Bezeichnung Hängematte entwickelte sich durch Angleichung aus dem haitianischen Original hamáka.
Vorteile
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Solche mehrquellige Neologisierung ist ein ideales Mittel zur lexikalischen Bereicherung einer Sprache, da es fremdsprachlichen Einfluss vor zukünftigen Muttersprachlern verbirgt, die lexikographische Annahmefähigkeit eines neugebildeten Begriffes sicherstellt, nicht mehr gebräuchliche autochthone Wurzeln und Wörter wiederverwertet (für Puristen eine helle Freude) und die anfängliche Aufnahme des Begriffes denen, die die Sprache zu jenem Zeitpunkt sprechen oder lernen, erleichtert.
PSA als vernachlässigtes Universalphänomen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die traditionellen Klassifikationen von Entlehnungen ignorieren das Phänomen und unterteilen diese in entweder Substitution oder Import, während bei PSA beides gleichzeitig der Fall ist. PSA ist jedoch in zwei bedeutenden Sprachkategorien weit verbreitet:
- in 'wiedererfundenen' Sprachen, z. B. Ivrit und Türkisch als Amtssprache der türkischen Republik nach 1928, in denen Sprachplaner versucht haben, unerwünschte Lehnwörter zu ersetzen.
- in Sprachen, die eine 'phono-logographische' Schrift benutzen, wie z. B. Chinesisch oder Japanisch (in letzterem dort, wo Kanji benutzt werden).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ghil’ad Zuckermann: Phono-Semantische Abgleichung. In: Stefan Langer, Daniel Schnorbusch (Hg.): Semantik im Lexikon. Gunter Narr, Tübingen 2005, S. 223–267.
- Ghil'ad Zuckermann: Language Contact and Lexical Enrichment in Israeli Hebrew. Palgrave Macmillan, 2003. ISBN 9781403917232 / ISBN 9781403938695
- Ghil'ad Zuckermann: Hybridity versus Revivability: Multiple Causation, Forms and Patterns. In: Journal of Language Contact 2009, Varia 2:40-67 (318 kB).
- Robert Mailhammer: The Wolf in sheep's clothing: Camouflaged borrowing in Modern German. In: Folia Linguistica 42/1 (2008), S. 177–193.
- Yair Sapir, Ghil'ad Zuckermann: Icelandic: Phonosemantic Matching. In: Judith Rosenhouse, Rotem Kowner (Hg.): Globally Speaking: Motives for Adopting English Vocabulary in Other Languages. Multilingual Matters, Clevedon-Buffalo-Toronto 2008, S. 19–43 (PDF; 311 kB).